Stellungnahmen
11.02.2022
Stellungnahme zu Test-to-stay-Verfahren und Testqualität
Bereits im Januar 2022 entschieden die Amtsärzte der Bezirke, Kita-Kinder, die Kontaktpersonen ersten Grades zu einer infizierten anderen Person in einer Kita waren, nicht mehr in Quarantäne zu schicken.
Zeitgleich galt die Quarantänepflicht nach der Infektionsschutzverordnung weiter. Kita-Leitungen, Träger, Kinder und Eltern kamen also in die Situation, konträre Handlungsanweisungen zu bekommen.
Aufgelöst wurde dieses kommunikative Desaster erst final mit der Elterninformation vom 07.02.2022, in dem sich die Senatsverwaltung offiziell den Amtsärzten anschloss und das Test-to-stay-Verfahren als Alternative zu einer nunmehr freiwilligen Quarantäne ausrief.
1. Der LEAK fordert für die zukünftige Kommunikation mit Eltern ausdrücklich, eine zeitnahe, koordinierte und ehrliche Kommunikation.
2. Das Test-to-stay-Verfahren wird sowohl durch den LEAK als auch durch die Berliner BEAKS als kritisch und unter den derzeitigen Bedingungen als nicht tragbar eingeordnet. Hintergrund ist, dass hiermit ein Verfahren in Kindertagesstätten zum Einsatz gebracht wird, welches für das Schul-Setting entwickelt wurde. Maßgeblicher Unterschied zum Kita-Setting ist das Tragen von Masken durch Schülerinnen und Schüler. Diese tragen entscheidend zur Vermeidung von Ansteckungen bei. Auf Anfrage des LEAK beim Lagezentrum des RKI hierzu wurde mitgeteilt, dass das test-to-stay-Verfahren das „kontinuierliche und korrekte Tragen von Masken durch Indexfall und Kontaktpersonen sowohl im Zeitraum der Exposition als auch danach voraussetzt“. Das bedeutet: Die Senatsverwaltung führt ein Verfahren ein, für welches für die Voraussetzungen in Kitas nicht gegeben sind. Die damit einhergehende und im Vergleich zum Schul-Setting viel höhere Infektionsgefahr wird durch die Senatsverwaltung schlichtweg nicht kommuniziert. Eltern werden in falscher Sicherheit gewogen. Das scheint als Preis für die versprochene Offenhaltung der Kindertagesstätten von der Senatsverwaltung einfach hingenommen zu werden. Dies ist insbesondere in einer Situation unverantwortlich, in der Eltern nach zwei Jahren mit eingeschränkter Betreuungsmöglichkeit selbstverständlich jede Besserung dieser Situation zunächst sowohl für ihre Kinder als auch für sich selbst begrüßen. Wird nun aber von den Eltern verlangt, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihr Kind freiwillig in Quarantäne schicken oder am Test-to-stay-Verfahren teilnehmen lassen, müssen solche enormen Risikofaktoren offengelegt und ehrlich kommuniziert werden. Der LEAK fordert Aufklärung durch den Senat hierüber, die sich nicht in einem lapidaren Hinweis auf die Einschätzung der Amtsärzte erschöpft, die eindeutig konträr zur wissenschaftlichen Einschätzung des RKI steht.
3. Den LEAK erreichen zahlreiche Meldungen über Lolli-Tests, die falsch negativ geblieben sind und ein PCR-Test entsprechend dennoch positiv ausgefallen ist. Hier handelt es sich nicht um Einzelfälle. Es gibt eine große Häufung an Meldungen über symptomatische Kinder, deren Tests nicht oder erst zwei bis drei Tage nach Symptombeginn und damit nach bereits vorhandener Ansteckungsgefahr, anschlagen. Nach Liste des Paul-Ehrlich-Instituts sind die verwendeten Deepblue-Tests bei hoher Virenlast sehr zuverlässig. Kinder weisen eine solche Viruslast jedoch nur sehr selten und wenn dann auf dem Höhepunkt der Infektion auf; bei geringer Viruslast liegt die Erkennungsrate jedoch bei unter 40%! Eine Test-to-stay-Strategie mit solchen Tests von mangelnder Sensitivität und ohne Masken einzuführen, wirft die Frage auf, ob der Senat seinem Schutzauftrag den Kindern gegenüber tatsächlich nachkommt oder hier dringend in rechtskonformer Weise nachgesteuert werden muss.
4. In der letzten LEAK-Sitzung vom 07.02.2022 wurden zahlreiche Kitas gemeldet, die noch immer keine Lolli-Tests zur Verfügung haben. Dies ist in zweierlei Hinsicht bedenklich: Zum einen ist die Testpflicht an das Vorhandensein der kindgerechten Lolli-Tests geknüpft. Zum anderen baut die Test-to-stay-Strategie auf das Vorhandensein von fünf anstatt der regulär nur drei wöchentlichen Tests. Solange die Versorgung mit ausreichend Tests nicht sichergestellt ist, fehlt es für eine Test-to-stay-Strategie somit auch an den rein praktischen Voraussetzungen.
Zum Wohle unserer Kinder müssen transparente Verfahren und Kommunikation zwischen Senatsverwaltung und Eltern gepflegt und Wege durch die Pandemie gefunden werden, die es Eltern erlauben, eine selbstbestimmte Entscheidung über ein potenzielles Risiko für die Gesundheit ihrer Kinder zu treffen. Gemeinsames Ziel bleibt es, den Zugang zu frühkindlicher Bildung zu erhalten – in verantwortungsbewusster Weise.
Der Vorstand und die Delegierten des LEAK Berlin
Die aktuelle Stellungnahme als Download:
Stellungnahmen 2021
Stellungnahmen 01.19 - 01.21